(31.08.2019) Eigentlich ist eine Rezession etwas völlig Normales. Schon die Bibel spricht von sieben mageren und sieben fetten Jahren. Ist der längste Aufschwung seit dem zweiten Weltkrieg nun endgültig vorbei?

Die amerikanische Wirtschaft befindet sich nun seit Juli 2019 in der längsten Expansionsphase aller Zeiten. Die Arbeitslosigkeit ist in den Industrienationen auf dem oder nahe dem niedrigsten Stand mehrerer Jahrzehnte. Dennoch gibt es kaum Anzeichen für eine Überhitzung in der Weltwirtschaft.

Aber der Ausblick wird durch politische Konflikte bedroht. An der Wurzel des Streits zwischen den USA und China liegt ein tiefreichendes Zerwürfnis über den technologischen Führungsanspruch. Es scheint keine gemeinsame Linie zu geben. Selbst wenn sich in den kommenden Monaten eine Vereinbarung finden ließe, dürfte diese partiell und an zahlreiche Bedingungen gebunden sein. Zölle alleine werden wohl kaum tödlich für das globale Wirtschaftswachstum sein. Die Exporte der USA nach China machen lediglich 0,6 % ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Bei China geht es um mehr, weil es 3,6 % seines BIP in die USA exportiert.

Die indirekten Folgen werden wahrscheinlich eine ganz andere Größenordnung haben. Der größte wirtschaftliche Effekt wird sein, dass Unternehmen ihre Investitionspläne zurückschrauben. Global betrachtet lässt sich wieder einmal erkennen, dass diese Wachstumsphase auf niedrige Zinssätze angewiesen ist, um anzudauern. Normale Zinssätze kehren nicht zurück. Die Schwäche der Wirtschaftszahlen und die Unsicherheit des Ausblicks reichen bereits aus, um eine Zinskürzung zu rechtfertigen.

Die Schäden des Handelskonflikts werden voraussichtlich in Europa am deutlichsten zu spüren sein. Europa hängt stark vom globalen Handel und Investitionen. In Deutschland ist der Appetit für Staatsausgaben oder Steuersenkungen auf politischer Ebene anscheinend begrenzt, obwohl die Zinsen für deutsche Staatsanleihen inzwischen bis auf 15 Jahre negativ und die Kosten für den Schuldendienst der Bundesregierung drastisch gesunken sind. Deutschland ist weiterhin nicht bereit, das zentrale Problem der Eurozone zu bekämpfen: die mangelnde Nachfrage.

Obwohl die Wahl des Timings im Zyklus nie einfach ist, haben Anleger in der Vergangenheit immer gut daran getan, mit zunehmender Reife des Zyklus und parallel zur Erhöhung der Zinsen durch die Zentralbank einen Teil ihres Portfolios allmählich von Aktien in festverzinsliche Anlagen und Barmittel umzuschichten. Selbst wenn Anleger diese Umschichtung etwas zu früh vornahmen und die Aktienkurse weiter stiegen, waren zumindest mit den Anleihen der Kernländer angemessene Verzinsungen zu erzielen, mit der Aussicht auf Kursgewinne, wenn die Zinsen schließlich gesenkt wurden.